Alle acht Stunden stirbt ein Patient – Wie Organspende stärken?

(Mai 2023) Alle acht Stunden stirbt ein Mensch in Deutschland, weil er kein Spenderorgan bekommen hat. Viele Patienten warten auf die Rettung, allein in Bayern sind es derzeit 1.200 - doch die Zahl der Organspender sinkt.

Sie stehen auf der Warteliste für ein neues Herz, eine neue Lunge oder eine neue Leber – und wenn nicht rechtzeitig ein passendes Spenderorgan gefunden wird, sterben sie: Das passiert in Deutschland alle acht Stunden. 8.500 Patienten hoffen derzeit auf ein Organ. Doch die Zahl der Spender geht zurück. Deshalb fördert die Initiative "UNIty Bayern – Bayerische Uniklinika pro Organspende" erstmals gemeinsam die Aufklärung über die Transplantationsmedizin. 
Lesen Sie hier den gesamten Beitrag des Bayrischen Rundfunks.

Zu wenig Organspenden – Karl Lauterbach will Widerspruchslösung

(Juni 2022) Tausende Menschen warten in Deutschland auf ein überlebenswichtiges Organ. Das 2020 beschlossene Organspenderegister lahmt. Zudem ist fraglich, ob es die Spendebereitschaft steigern kann. Karl Lauterbach setzt darum auf die Widerspruchslösung.

 

Damit die Zahl der Organspender steigt, soll ein Online-Organspenderegister helfen. Dort sollen alle eintragen können, ob sie bereit sind, ihre Organe zu spenden. Wie beim Organspendeausweis, nur digital. Die Krankenhäuser sollen so schneller auf die Daten zugreifen können, ohne lange nach Dokumenten suchen zu müssen, sagt Gerald Gaß, Vorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft: "Es ist eine gewisse Erleichterung. Aber ob wir dadurch wesentlich mehr Menschen gewinnen, die diese Bereitschaft erklären, da bin ich skeptisch."

Denn die Menschen müssen sich trotzdem aktiv mit der Frage auseinandersetzen, ob sie Organe spenden wollen oder nicht. Deshalb gehört auch dazu, dass Ärztinnen und Ärzte inzwischen regelmäßig informieren dürfen. Und sogar im Amt, etwa wenn man einen neuen Personalausweis beantragt, soll aufgeklärt werden, damit viele das Register nutzen. Eigentlich sollte es im März starten. Doch kurz zuvor teilte das Bundesgesundheitsministerium mit: daraus wird nichts – die Kliniken seien wegen der Pandemie schon zu sehr belastet.

Gerald Gaß von der Deutschen Krankenhausgesellschaft hält dagegen: Die Kliniken wären bereit. Es liege an der Bundesbehörde, die für das Online-Register zuständig ist. "Die haben uns am 19. April mitgeteilt, dass sie Probleme haben mit ihrem Dienstleister, der dieses Register entwickelt, also die Software und so weiter. Und dass man aufgrund dieser Probleme davon ausgehen muss, dass sich das über das Jahr 2022 hinweg verzögert", sagt Gaß.

Die Opposition kritisiert das: Tino Sorge, der gesundheitspolitische Sprecher der Union, wirft der Regierung vor, sich nicht genug um das Organspenderegister zu bemühen: "Ich glaube, Corona wird auch gern als Ausrede genommen für politische Versäumnisse." Der CDU-Politiker fordert Aufklärung vom Bundesgesundheitsministerium: "Es geht darum, dass wir schnell eine Zwischenevaluation brauchen, also ganz klar schonungslos gesagt wird, wo sind die Probleme: Liegts tatsächlich am Datenschutz oder an anderen technologischen Problemen?"

Lauterbach setzt auf eine Widerspruchslösung

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat einen ganz anderen Vorschlag. Er sagte dem ARD-Hauptstadtstudio: "Das Onlineregister ist tatsächlich ein technisches Problem. Da hat die Pandemie auch eine große Rolle gespielt. Das ist aber nicht der Grund, weshalb die Spenden zurückgegangen sind. Die Spenden gehen zurück, weil die Bereitschaft zur Spende zwar da ist – aber es wird nicht registriert. Eine Widerspruchslösung würde das beheben."

Widerspruchslösung heißt: Wer nicht zu Lebzeiten widerspricht, ist automatisch potenzieller Organspender. Der Bundestag hat darüber erst vor zwei Jahren debattiert, sich damals aber dagegen entschieden. Lauterbach fordert nun einen neuen Versuch: "Ich glaube, wir haben jetzt eine Menge versucht, aber es hat nicht wirklich geklappt. Es hat sich keine Verbesserung für die Menschen ergeben, die ein Organ benötigen. Wir brauchen aus meiner Sicht unbedingt einen neuen Anlauf für die Widerspruchslösung, wir bekommen das Problem sonst nicht gelöst."

Dass mehr Menschen Organe spenden könnten, dafür spricht eine Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Mehr als 80 Prozent der Deutschen stehen der Organspende positiv gegenüber – aber nur die Hälfte von ihnen hat das auch schriftlich festgehalten.

Absturz bei der OrganspendeBetroffene fordern Runden Tisch

Zum Tag der Organspende am 4. Juni 2022 appelliert die Initiative ProTransplant in einem Offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und die Gesundheitsminister*innen der Länder, schnellstmöglich einen Runden Tisch einzuberufen. Anlass ist der anhaltende Tiefstand bei den Organspendezahlen. Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) hatte für das erste Quartal 2022 einen weiteren dramatischen Einbruch um 29 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum gemeldet.  Insgesamt 21 Patient*innenorganisationen haben den Brief unterzeichnet, auch die IG Niere Rhein-Ahr-Eifel e.V. gehört zu den Unterstützern.

"Trotz vieler erfolgreicher Kampagnen und einer stetig steigenden Spendenbereitschaft in der Bevölkerung erleben wir ein weiteres Desaster. Im ersten Quartal 2022 wurde ein neuer Negativrekord aufgestellt. Wir - die betroffenen, schwer erkrankten Mitbürger*innen - sind entsetzt und verzweifelt. Diese Entwicklung ist beschämend und nicht hinnehmbar. Der europaweite Vergleich offenbart ein deutsches Systemversagen. Für uns geht es um alles: Leben dürfen oder sterben müssen", unterstreicht Mario Rosa-Bian, Vorstand der I.G. Niere NRW e.V.
Den Inhalt des offenen Briefes können Sie hier nachlesen.

alpha-thema: TransplantationOrganspende - Jetzt reden die Ärzte

(01.02.2022) Die Sendung „45 Min“ des Bayerischen Rundfunks hat Ärzte begleitet, die Menschen bei Organtransplantation und -entnahme behandeln, retten oder verabschieden müssen. Ein ungewöhnlicher Blick hinter die Kulissen, um die Frage zu beantworten: Was steckt hinter dem Organmangel hierzulande?

Die Sendung ist Online bis 02.05.2022, 22:36 Uhr und kann unter folgendem Link abgerufen werden.
https://www.br.de/mediathek/video/alpha-thema-transplantation-organspende-jetzt-reden-die-aerzte-av:61b8c4e2cbceb60008dfa8a9

Transplantation einer Niere

Wenn terminales Nierenversagen eintritt, gibt es für die Betroffenen nur die Möglichkeit, die fehlende Nierenfunktion durch ein Dialyseverfahren oder durch die Transplantation einer Niere zu ersetzen.

Bei der Dialyse gibt es die beiden Verfahren Hämodialyse und Peritonealdialyse, die im Kapitel Dialyse erläutert werden. 

Viele Patienten wünschen sich eine Organspende. Dadurch erhoffen sie sich eine verbesserte Lebensqualität und die Wiedergewinnung einer gewissen Autonomie, da sie ihr Leben nicht dem Dialyserhythmus mit seinen Beschränkungen unterwerfen müssen. 

In Deutschland warten 2020 über 7.000 Menschen auf eine Nierenspende.  Es gilt bei uns seit Januar 2020 die so genannte Entscheidungslösung. Organe und Gewebe dürfen nur dann nach dem Tod entnommen werden, wenn die verstorbene Person dem zu Lebzeiten zugestimmt hat. Liegt keine Entscheidung vor, werden die Angehörigen nach einer Entscheidung gefragt. Damit Menschen bei ihrer Entscheidungsfindung unterstützt werden, bekommen sie in regelmäßigen Abständen Informationsmaterial zugesandt.

Die Nierentransplantation ist heutzutage eine erprobte Operation, die von vielen großen Kliniken mit Transplantationsabteilung durchgeführt wird. 
Wenn dialysepflichtige Menschen eine Transplantation wünschen, werden sie in eine Warteliste aufgenommen, die bei der Organvermittlungsstelle Eurotransplant in Leiden in den Niederlanden geführt wird. Eurotransplant ist verantwortlich für die Zuteilung von Spenderorganen in Österreich, Belgien, Kroatien, Deutschland, Ungarn, Luxemburg, den Niederlanden und Slowenien. Dieser internationale Kooperationsrahmen umfasst alle Transplantationskrankenhäuser, Gewebetypisierungslabors und Krankenhäuser, in denen Organspenden stattfinden.
Die Aufnahme bedingt zunächst etliche medizinische Untersuchungen, um die Transplantationsfähigkeit abzuklären. Die Meldung zur Warteliste erfolgt über das Transplantationszentrum, bei dem der/die Patient*in angemeldet wird. 

Neben der postmortalen Nierenspende ist aufgrund der langen Wartezeit in den letzten Jahren die Lebendnierenspende in den Fokus gerückt. Mittlerweile sind knapp 30 % der transplantierten Nieren  Lebendnierenspenden. Zahlen und Informationen hierzu finden Sie bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und der Deutschen Stiftung Organtransplantion (DSO) und in unserem Kapitel Lebendnierenspende